Sea Lynx MK 88/88A

Geschichte:

Seit 1981 ist das Waffensystem Sea Lynx MK 88 in die deutsche Marine integriert. Damit ist das erste schiffsgestützte Fluggerät überhaupt in die Bundesmarine eingeführt worden. 19 Sea Lynx MK 88 und ab 2000 7 Sea Lynx MK 88A Hubschrauber sind dem Marinefliegergeschwader 3 (MFG 3) „Graf Zeppelin“ in Nordholz zugeführt. Ab 2001 sind auch die verbliebenen Sea Lynx MK 88 auf den Stand MK 88A umgerüstet worden. Seit 2013 gehören die Sea Lynx dem MFG 5 an. Vier Sea Lynx gingen bisher bei Unfällen verloren. Mit der Zeit ging die Einsatzbereitschaft der verbliebenen Hubschrauber, alters- und verschleißbedingt, auf eine Handvoll zurück. In den nächsten Jahren werden die Sea Lynx durch neuere, modernere und leistungsfähigere Modelle ersetzt.

Der Einsatz des Bordhubschraubers (BHS) erfolgt von der Landbasis Nordholz und von Bord der Fregatten F122 (Bremen-Klasse), F123 (Brandenburg-Klasse), F124 (Sachsen-Klasse) und F125 (Baden-Württemberg-Klasse). Für eine Einschiffung auf eine dieser Fregatten werden, bei zwei eingeschifften BHS, normalerweise 5 Piloten, 3 Hubschrauberortungsmeister und 10 BHS-Techniker eingesetzt, insgesamt also 18 Soldaten des MFG 3/5. Material, Ersatzteile und Werkzeuge für von der Landbasis unabhängige Operationen in See werden vor der Einschiffung von Nordholz nach Wilhelmshaven transportiert.

An Bord der Fregatte bildet das Hubschrauberpersonal des MFG 3/5 den Hauptabschnitt (HA) 500, der vom dienstältesten  und gleichzeitig erfahrensten Piloten an Bord, dem Hubschraubereinsatzoffizier (HEO), geführt wird. Für die Dauer der Einschiffung ist das Personal des MFG 3/5 der Schiffsführung unterstellt.

Eine der Hauptaufgaben des BHS ist der „Anti-Submarine-Warfare (ASW)“-Einsatz, d. h. Uboot-Jagd und –Bekämpfung. In den Jahren seit der Einführung des Flugbetriebs von schwimmenden Plattformen aus haben sich die Hubschrauberbesatzungen auch in der Uboot-Jagd während zahlreicher nationaler und multinationaler Kurz- und Langzeitübungseinsätze zu bewähren gehabt.

 

Das Waffensystem Sea Lynx MK 88/88A

 

Der Sea Lynx MK 88/88A ist ein voll nacht- und instrumentenflugtaugliches Luftfahrzeug. Der mit zweimal 1120 PS starken Triebwerken ausgerüstete Hubschrauber erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 150 kn (270 km/h); die Einsatzgeschwindigkeit beträgt 120 kn (216 km/h). Das maximale Abfluggewicht beträgt knapp 5t. Die durchschnittliche Flugzeit ist auf zwei Stunden bemessen; die genaue Einsatzzeit variiert jedoch in Abhängigkeit von der Zuladung.

Für die Uboot-Jagd von Bedeutung ist die Ausstattung des BHS mit einem automatischen Flugkontrollsystem, das eine automatische Schwebefluglage während des Tauchsonareinsatzes ermöglicht. Die BHS-Besatzung besteht aus zwei Piloten und einem Hubschrauberortungsmeister.

 

MK 88-Sensoren und - Effektoren

An Sensoren verfügt der Sea Lynx über ein Sonar, ein Radar, ein „Tactical Air Navigation System“ (TANS) sowie über umfangreiche Navigations- und Kommunikationssysteme; an Effektoren über Torpedos und Markierungsmittel.

Der Sea Lynx ist mit dem Tauchsonar AN/AQS 18 ausgerüstet, das von der amerikanischen Firma Bendix im Auftrag der deutschen Marine entwickelt wurde. Mit Hilfe des Tauchsonars werden Uboote geortet, verfolgt und klassifiziert. Die Anlage kann u.a. in der aktiven und passiven Betriebsart eingesetzt werden. Im aktiven Modus wird das aufgefangene Echo in adäquate Video- und Peilungssignale umgeformt, um zur optischen Darstellung auf einem 360°-Sichtschirm zu gelangen. Für den Hubschrauberortungsmeister werden die Echos als kurzzeitig erhellte Punkte auf dem Schirm sichtbar. Zur Information der Piloten werden die Zieldaten nach Peilung und Abstand auf ein im Cockpit installiertes Anzeigegerät übertragen.

Das Radargerät vom Typ „Ferranti Seaspray“ befindet sich in der linken Cockpitseite. Zur Seeraumabdeckung sind vier Entfernungsbereiche wählbar. Für den taktischen Einsatz von wesentlicher Bedeutung ist die Möglichkeit, Radarkontakte in den Navigationscomputer einzugeben und verfolgen zu lassen.

Haupthilfsmittel zur Navigation und für den taktischen Einsatz ist der dopplergestützt arbeitende Navigationscomputer (TANS). Das System spielt bei der Speicherung, Verarbeitung und Weitermeldung von Radarkontakten eine entscheidende Rolle.

Hinsichtlich des Waffeneinsatzes kann der Sea Lynx zwei Ujagd-Torpedos für den Tiefwassereinsatz oder zwei flachwasseradaptierte Torpedos mitführen. Die Torpedos werden vom Piloten mit den Zieldaten programmiert und abgeworfen. Als „Leichtwaffen“ werden maximal sechs Rauschmarker oder sechs Schallsignalkörper mitgeführt.

Der Sea Lynx wird mit einer hydraulischen Deckharpune (Deckverriegelungsanlage) in einem speziellen Gitter des Flugdecks gesichert. Kurz vor dem Landen wird die Harpune in dem Gitter verankert und zieht die Sea Lynx auf das Flugdeck.

 

MK 88A-Sensoren und - Effektoren

Das Radargerät Seaspray 3000-Radar von Marconi Electronics ist unter der Nase des Sea Lynx angebracht und gewährt eine 360 Grad Rundumsicht. Damit ist die Sea Lynx im Einsatz  gegen Überwasserschiffe nach dem Abschuss seiner Sea Skua-Flugkörper, schnell abzudrehen, ohne die Zielbeleuchtung unterbrechen zu müssen. Ein FLIR (Forward Looking Infra Red) ermöglicht die passive Identifizierung von Überwasserzielen auf große Entfernungen. Durch die Integration von GPS wurde auch das Navigationssystem beachtlich verbessert, was die Einsatzverfahren bei SAR, in der Ujagd oder bei OTHT =Over The Horizon Targeting (Zielsuche über dem Horizont) entscheidend erleichtert. Das Cockpit zeichnet sich durch eine neue und übersichtliche Instrumentenanordnung aus. Es wurde für die Operation des Hubschraubers mit einem Piloten konstruiert. Es ist aber ausbaufähig für einen Zwei-Piloten-Einsatz.

Zu den bisherigen Waffen können nun auch vier Flugkörper zur Überwasserschiffsbekämpfung vom Typ Sea Skua mitgeführt werden. Die Sea Skua-Flugkörper besitzen eine Reichweite von ca. 15 km und bieten eine hohe Trefferwahrscheinlichkeit auch gegen kleine Überwasserziele. Ihre Flughöhe über der Wasseroberfläche ist variabel einstellbar. Ferner wurde der Sea Lynx auch noch ein schweres cal.50 MG spendiert.

Eine weitere Verbesserung hat das Rotorsystem erfahren. Der Rotorkopf und die vier Hauptrotorblätter aus Verbundwerkstoff mit speziell geformten aerodynamischen Spitzen haben an Stabilität und Festigkeit gewonnen. Die Abflugmasse konnte dadurch erhöht und Vibrationen vermindert werden. Der Heckrotor mit seinen vier Rotorblättern besteht ebenfalls aus Verbundwerkstoff mit Titaniumbeschichtung. Er verleiht dem Hubschrauber bei Querwind bis zu 40 kn (72 km/h) ein hohes Maß an Stabilität (weniger Gieren), vor allem beim Start und beim Landen auf dem Flugdeck eines Schiffes. Die Zelle des Hubschraubers wurde in großen Teilen mit Verbundwerkstoffen modifiziert. Insbesondere konnten damit neben einer Verbesserung im Korrosionsschutz auch alte Schwachstellen wie rissanfällige Heckverbindungen beseitigt werden.

 

Aufgaben des Bordhubschraubers

 

Der BHS wird zur Durchführung von drei Haupt- und zwei Nebenaufgaben eingesetzt. Wie bereits erwähnt, ist Uboot-Jagd und -Bekämpfung eine der Hauptaufgaben des Sea Lynx als integriertes Waffensystem der schwimmenden Einheiten. In dieser Rolle kann der Hubschrauber Unterwasserziele entdecken, lokalisieren, klassifizieren und angreifen.

Ein großer Vorteil des Sonarsensors AN/AQS 18 (Tauchsonar) besteht darin, daß die Schiffe außerhalb der Waffengefährdungsreichweite der Uboote gehalten werden können.

Die beiden anderen Hauptaufgaben des Sea Lynx sind:

  • Zieldatenübermittlung. Der BHS erweitert mit Hilfe seines Radars den Radarhorizont des Schiffes oder des Verbandes.
  • Aufklärung. Die Geschwindigkeit, Wendigkeit und der Operationsradius des BHS ermöglichen es der Besatzung, ein bestimmtes Gebiet oder Objekt schnell aufzuklären.

Zu den Nebenaufgaben zählen:

  • Seenotrettungsdienst. Für diese Einsatzrolle wird eine Rettungswinde installiert, die bis zu 272 kg Last tragen kann.
  • Transport. Zur Durchführung von Transportaufgaben wird der BHS mit einem Lasthaken ausgerüstet, mit dem bis zu 1360 kg aufgenommen werden können.

 

Bisherige Erfahrungen in der Uboot-Jagd

Von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Uboot-Jagd mit dem Hubschrauber ist der Ausbildungsstand der Besatzungen. Es kommt darauf an, daß die BHS-Crews oft Gelegenheit haben, mit Ubooten „zu arbeiten“, um dann später in der Lage zu sein, z.B. während Manövereinsätzen Uboote rasch aufzuspüren und auch weiterzuverfolgen. Hier hat sich in der Vergangenheit u.a. die Zusammenarbeit mit deutschen Ubooten in der Ostsee als wertvolle Aus- und Weiterbildungsmöglichkeit bewährt.

Nach langjährigem Bordflugbetrieb kann heute eine positive Leistungsbilanz im gesamten taktischen Einsatzspektrum festgestellt werden, die internationalen Vergleichen standhält. Gute Leistungen im Bereich Ujagd wurden während Manöver – bzw. manöverähnlicher Einsätze – erzielt, zu denen primär NATO-Übungen im Bereich Nordsee, das ca. sechswöchige britische Basic Operational Sea Training (BOST), aber auch vier- bis fünfmonatige Langzeiteinsätze in internationalen Verbänden zu zählen sind. Sea Lynx-Hubschrauber des MFG 3/5 nehmen seit 1985 regelmäßig an Langzeiteinsätzen im Bereich der Standing-Naval-Force-Atlantic-Operation (STANAVFORLANT), einem ständig präsenten multinationalen NATO-Verband im Nordatlantik, teil. Seit Herbst 1987 werden Sea Lynx-Hubschrauber der deutschen Marine auch im Mittelmeer im Rahmen der Naval-On-Call-Force-Mediterranean (NAVOCFORMED) eingesetzt. 

Erfahrungen im Uboot-Jagd-Einsatz zeigen, daß der Hubschrauber sehr oft zuerst Ubootkontakt bekommt und dann auch in der Lage ist, diesen zu halten. In den fast ausschließlich von Bord aus geflogenen Ujagd-Übungseinsätzen erwies sich der Sea Lynx stets als überaus wirkungsvoller Ujagd-Sensor. Der Sea Lynx MK88/88A und der im Zulauf befindliche Sea Lion ist aus dem operativen Ujagd-Konzept der Fregatten nicht mehr wegzudenken.

Technische Daten Sea Lynx MK 88A

Länge mit Rotoren

15,24 m

Rotordurchmesser

12,80 m

Heckrotordurchmesser

2,36 m

Höhe

3,67 m

Breite

2,94 m

Max. Gewicht

5330 kg

Geschwindigkeit

132 kn (238 km/h)

Einsatzzeit

2 h 50 min

Reichweite / mit Zusatztanks

528 km / 1093 km

Antrieb

2 x Rolls-Royce Germ 42-1 746 kW

Besatzung

2 + 1

Soldaten (in der Kabine)

9

Sensoren

360° Radar

Seaspray-3000

FLIR

Forward Looking Infrared

ESM

Elektronische Unterstützungsmaßnahmen

Sonar

Bendix AN/AQS 18

Bewaffnung

2 x Torpedo

MK 44 – MK 46 – Stingray – A233/S – MU 90

4 x Flugkörper (Luft-See)

Sea Skua

2 x Wasserbomben

MK 11

1 x MG

Cal. 50 FN Herstal M3M

Sonderanstrich der 83 + 09 2006

2006 flog die 83 + 09 mit diesem interessanten Sonderanstrich! Revell hatte einen Bausatz der Sea Lynx im Massstab 1/32 im Programm mit dem man diesen Sonderanstrich auch im Kleinen realisieren konnte.

Vorbeiflug

Fast täglich um die Mittagszeit wird die Start- und Landebahn des Flughafen in Bremen von verschiedenen Luftfahrzeugen der BW überflogen.

Winsch-Übung

Zu den Aufgaben gehört auch der Transfer von Personen vom und zum Schiff. Auch dieses muss hin und wieder geübt werden.

Deckverriegelungsanlage

Triebwerk

Ein Ausbildungsmodell des Triebwerks.

Bewaffnung