Panzergrenadiertruppe

Panzergrenadiere beim Absitzen vom Marder

 

Panzergrenadiere – bewegliche Infanterie

 

Das Problem ist alt … Infanterie ist standfest und kämpft, ist aber wenig geeignet für schnelle taktische Bewegungen.

Bereits im Altertum gab es Ideen, der Infanterie Beweglichkeit zu verleihen.

Die Anfänge liegen wohl auch bei den Germanen.

Gaius Julius Caesar beschreibt in seinem „De bello gallico“ eine Taktik der gemischten Verbände des Ariovist so, dass ein Reiter zwei Krieger, einen zu jeder Seite in die Schlacht führt. Auf jeder Seite des Pferdes hielt sich dazu ein Krieger an der Mähne des Tieres fest und sprang jeweils in die Luft, sodass das galoppierende Pferd den Kriegern zu langen Sprüngen verhalf und mit hoher Geschwindigkeit „transportieren“ konnte. Schnelle Umgehungen und Angriffe im Rücken des Feindes sorgten für Entsetzen, der Gegner musste umgruppieren, verlor seine Schlachtordnung, häufig auch die Initiative und formierte sich nun gegen den Feind in seinem Rücken. Der warf seine Schilde an einer Schnur über den Rücken, hielt sich wieder am wartenden Pferd fest und galoppierte davon – mit Panzerschutz auf dem Rücken … Der bewegliche Infanterist, der „Panzergrenadier“ war geboren …



Archiv: Ulrich Wrede

Zu Beginn des 16./17. Jahrhunderts kam etwas ganz Neues auf: der Dragoner, der Begriff leitet sich wahrscheinlich von, einer als „Dragon“ (im deutschen auch Karabiner genannt) bezeichneten, Handfeuerwaffe ab. In einigen europäischen Staaten wird auch heute noch motorisierte oder mechanisierte Infanterie so bezeichnet, so z. B. im belgischen Heer die „Karabiniers.“

In Anlehnung an einen wohlbekannten Spruch über die Panzergrenadiere lautete der damalige Vers: "Dragoner sind halb Mensch, halb Vieh, aufs Pferd gesetzte Infanterie!"



Archiv: Ulrich Wrede

Im 17. Jahrhundert kam auf dem infanteristischen Sektor ein neuer Begriff auf: der Grenadier.

Mit dem Jahr 1667 wurden in jeder französischen Infanterie-Kompanie vier Soldaten auf den Umgang mit Granaten spezialisiert und wurden deshalb als Grenadiere bezeichnet. Der Anteil der Grenadiere an der Infanterie stieg in der Folgezeit, bereits ab 1671 verfügte jedes französische Bataillon über eine Kompanie Grenadiere.

Diese neue Truppengattung war ein Erfolg, sodass andere nachzogen: 1670 wurden auch in Österreich, 1676 in Brandenburg und 1678 in England Grenadier-Einheiten aufgestellt, worauf bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die meisten anderen europäischen Staaten folgten.

Für die Aufstellung einer Grenadier-Einheit wurden die stärksten, geschicktesten und oft die größten Soldaten ausgesucht die Langen Kerls des Friedrich Wilhelms I. von Preußen waren ein Begriff.

Ebenso waren in Napoleons kaiserlichen Garde Grenadiere der wesentliche Bestandteil.

Die Grenadiere bildeten eine militärische Elite. Sie wurden bei Belagerungen mit besonders gefährlichen Aufgaben betraut und an Schwerpunkten des Kampfes in der Schlacht eingesetzt. Zu ihrer Bewaffnung gehörten neben etwa einem Dutzend Granaten, eine Muskete mit Bajonett und ein Säbel. Oft konnte man die Grenadiere auch rein äußerlich von den anderen Soldaten unterscheiden: Um beim Werfen der Granaten nicht behindert zu werden, trugen sie stets schmale Kopfbedeckungen (ursprünglich die einfache Lagermütze) statt der damals üblichen, breiten Hüte (Dreispitz).



Archiv: Ulrich Wrede

 

Doch erst im 2. Weltkrieg entstand der Panzergrenadier, diese neue Truppengattung wurde von General Heinz Guderian entwickelt und mit den SdKfz 250 und 251 in diversen Varianten ausgestattet.

Am 5. Juli 1942 wurden dann auch andere Infanterieeinheiten, motorisierte Verbände etc. in Panzergrenadiere umbenannt, unabhängig davon, ob sie über gepanzerte Fahrzeuge verfügten oder nicht. Tatsächlich waren nur etwa 25 % der Panzergrenadiere im Verlauf des Krieges bedingt durch die Rüstungslage mit gepanzerten Fahrzeugen ausgestattet.

Als einziger Großverband der Wehrmacht war die Panzer-Lehr-Division eine voll gepanzerte Division. Als Waffenfarbe wurde 1943 Wiesengrün festgelegt. Einige Verbände der Wehrmacht behielten jedoch aus Traditionsgründen das Weiß der Infanterie oder das Gelb der Kavallerie.

 

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Bundeswehr geschaffen. Ab 1955 wurden Grenadierverbände aufgestellt.

Dabei ist die Einsatzweise bis heute fast unverändert:

Die Panzergrenadiertruppe ist als mechanisierte und panzerbegleitende Infanterie konzipiert. Besonderes Merkmal ist der schnelle Wechsel der Kampfweise. Die Truppe kämpft vorzugsweise aufgesessen vom Schützenpanzer aus, kann für den infanteristischen Kampf aber auch absitzen. Die hohe Beweglichkeit und der Schutz ihrer Schützenpanzer lassen ihren Einsatz auch in schwierigem Umfeld zu. Der Einsatz erfolgt meist im Verbund mit Kampfpanzern, in den friedenssichernden und –erhaltenden Aufträgen der jüngsten Zeit auch mit Infanterie für Missionen in urbanen Schauplatz. Zum Gefecht der verbundenen Waffen (Operationen verbundener Kräfte) ist die Panzergrenadiertruppe uneingeschränkt in der Lage. Flachfeuer der Rohrwaffen kann durch Steilfeuer aus Mörsern ergänzt werden, auch wenn Mörsereinheiten nicht mehr Teil der Panzergrenadierbataillone sind. Panzerabwehrwaffen ermöglichen der Truppe sowohl auf-, als auch abgesessen die Bekämpfung feindlicher Kampf- und Schützenpanzer. Abgesessen kämpfen Panzergrenadiere vor allem auf urbanen Kriegsschauplätzen oder dort, wo das Gelände stark durchschnitten oder bedeckt ist, sodass Panzer alleine nur schwer einsetzbar sind oder durch feindliche Infanterie in hohem Maße bedroht sind. Die Panzergrenadiertruppe nutzt dazu das Gelände zum eigenen Vorteil. In urbanen Schauplätzen sind Panzergrenadiere abgesessen zum Orts- und Häuserkampf befähigt. Bei geeignetem Gelände werden abgesessene Panzergrenadiere durch Kampf- und Schützenpanzer verstärkt. Diese geben Feuerschutz, bekämpfen Kampfpanzer oder Feinde in Feldbefestigungen.

 

 

Die HDv 100/100 (Ausführung aus dem Jahr 2000) charakterisiert die Panzergrenadiertruppe und ihr Zusammenwirken mit der Panzertruppe so:

„Zu den Gepanzerten Kampftruppen gehören die Panzertruppe und die Panzergrenadiertruppe. Die Panzergrenadiertruppe eignet sich aufgrund ihrer Beweglichkeit und des Schutzes ihrer gepanzerten Gefechtsfahrzeuge besonders für den schnellen Wechsel zwischen auf- und abgesessener Kampfweise, um die Stoßkraft gepanzerter Truppen sicherzustellen. Das unmittelbare und enge Zusammenwirken von Panzertruppe und Panzergrenadiertruppe ist neben der Zusammenarbeit mit der Kampfunterstützung Voraussetzung für den Erfolg. Ihre Vielseitigkeit und Reaktionsfähigkeit versetzt sie in die Lage, die Initiative zu erringen und zu erhalten und eine Entscheidung herbeizuführen.“

 

Derzeit wird die neue HDV 220/100 „Führung der Panzertruppen“ erstellt und erstmals wird hier der Einsatz von Kampfpanzern und Schützenpanzern in einer Vorschrift für beide Truppengattungen erfasst.

 



Text: Andreas Colombo