Die Artillerietruppe

Die Artillerie gefürchtet ist, dieweil sie mit Kanonen schießt.

 

Mit dem Begriff Artillerie wurden Feuerwaffen versehen, die für einen Mann nicht mehr zu tragen waren. Mehr noch die Artillerie war früher eher im Bereich des Handwerks als in der Truppe zu finden. Die Artillerie hatte sogar eigene Rechtsvorschriften und es gab auch eine Lehrzeit. Im Frieden gab es nur wenige Bedienstete, die als Zeugmeister, Feuerwerker oder Büchsenmeister (Konstabler) tätig waren. In der regulären Armee waren damals Kanonen unüblich, da sie für eine bewegliche Kampfführung zu schwer waren. Erst bei Belagerungen wurden größere Geschütze in Stellung gebracht, man spricht dann von der Belagerungsartillerie. Die Belagerungsgeschütze wurden von den Feuerwerkern bedient, die sie in der Regel auch selbst hergestellt hatten. Ihnen wurden entsprechende Waffen entgegengestellt, nämlich die Festungsartillerie.

 

Legendäre Geschütze waren:

  • Faule Grete von Marienburg
  • Faule Mette von Braunschweig
  • Kanone Greif
  • Grose Bochse
  • Pumhart von Steyr
  • Dulle Griet von Gent
  • Mons Meg

 



Kannonenbatterie 1700 (Archiv Ulrich Wrede)
Mörserbatterie 1700 (Archiv Ulrich Wrede)
Frühes Geschütz (Archiv Ulrich Wrede)
Frühe Geschütze (Archiv Ulrich Wrede)

Im Laufe des Dreißigjährigen Kriegs fanden leichtere Geschütze den Weg in die Armee. Diese wurden bei den Infanterieverbänden eingegliedert und wurden als Regimentsstücke bezeichnet. Mit diesen leichten Geschützen wurde die Artillerie beweglicher und gleichwohl verblieben wenige schwere Geschütze in den Arsenalen der Armeen.

 

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde die Artillerie langsam zur Truppe und ihre Bediensteten in Kompanien eingeteilt. Man unterschied Feldartillerie, die die Geschütze in der Feldschlacht, und Garnisonsartillerie, die diese Belagerungen bedienen sollten. Seit dem Siebenjährigen Krieg wurde die Artillerie bedeutend verstärkt. Nach den Befreiungskriegen erhielt jedes Armeekorps eine Artilleriebrigade, die aus drei Abteilungen bestand. Ab 1851 trennte man die Fuß- und reitende Artillerie, aber auch die Feld- und Festungsartillerie. Bei der Fußartillerie marschierten die Bedienmannschaften neben dem Geschütz, bei den reitenden ritten sie als Begleitung, um schneller feuerbereit zu sein. Die reitenden Batterien sollten die Kavallerie begleiten können. Im Jahr 1874 erfolgte die endgültige Trennung der Feldartillerie und der nun als Fußartillerie bezeichneten bisherigen Festungsartillerie. Jedes Armeekorps besaß eine Feldartilleriebrigade zu je zwei Regimentern, von denen aber nur eines zwei reitende Batterien besaß. Die anderen Batterien hießen fahrende, da die Bedienung auf den Lafetten und Protzen mitfuhr.

 

Der Artillerist war in Preußen seit 1798 an der schwarzen, rot vorgestoßenen Abzeichenfarbe an Kragen und Aufschlägen zu erkennen. Die fahrenden Batterien trugen die Uniform im Infanterieschnitt, die reitenden die Uniform im Schnitt der Dragoner. Als Kopfbedeckung diente der Helm mit einer kugeligen Spitze.



Ursprünglich verstand man unter dem Begriff Batterie eine Zusammenfassung von Geschützen gleicher Art, die dann gemeinsam unter einheitlichem Kommando wirken sollten. Daher war die Zahl der Geschütze nicht festgelegt, sie konnte sehr unterschiedlich sein. Große Batterien konnten schon mal 50 Rohre haben. Ganz allgemein galt aber der Grundsatz, nur soviel Geschütze wie der Führer übersehen kann. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stellte man für den Feldgebrauch oft acht Kanonen und zwei Wurfgeschütze (Haubitzen) zusammen.

Verwaltungstechnisch war die Artillerie, wie andere Waffengattungen in Kompanien eingeteilt. In den Kompanien wurden die Artilleristen ausgebildet und zusammengefasst, erst beim Waffengang wurden die Soldaten bestimmten Geschützen und damit verschiedenen Batterien zugeteilt. Erst nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass für ein richtiges Zusammenwirken im Felde von Mann, Geschütz und auch Zugpferd eine ständige Zuteilung notwendig wäre. In Preußen wurde 1851 die Einteilung der Feldartillerie in Kompanien aufgegeben, administrative und gleichzeitig taktische Einheit war nun die Batterie. Der Batteriechef war im Rang eines Hauptmanns, die Zahl der Geschütze variierte von Land zu Land. In Preußen verfügte eine Batterie über 6 Geschütze und 6 Munitionswagen. Die Batterien wurden unterteilt in Züge, Halbbatterien und Marschstaffeln.

 

Im Grunde gilt diese Einteilung auch heute noch.



Die Waffen der Artillerie

Die Artillerie war seit je her Wandlungen unterworfen, die fast immer im Zusammenhang mit der Waffenentwicklung stehen.

Mit der Erfindung des Schwarzpulvers beginnt die Geschichte der Artillerie. Das Schwarzpulver verbrannte mit solcher Geschwindigkeit, dass die freiwerdenden Gase geschlossene Behältnisse sprengen konnten. Diese Behältnisse konnten Bohrungen im Gestein, Röhren aus Metall oder anderen Materialien sein. Wichtig ist nur, dass die Wandung das Schwarzpulver festumschlossen hält. Der Fachmann spricht auch von einer Verdämmung, denn unverdämmtes Schwarzpulver brennt wirkungslos ab. Diese Eigenart des Schwarzpulvers haben sich in der Frühzeit schon die Chinesen zu nutzen gewusst. Sie entzündeten Schwarzpulver in einem Rohr, wo ein Ende verschlossen war. Das Ergebnis war die erste Rakete mit einem festen Treibsatz. Wenn man aber das Rohr fest verankert und einen beweglichen Verschluss z. B. in Form einer Kugel verwendet, so fliegt die Kugel als ballistisches Geschoss aus dem Rohr. Die Feuerwaffe war geboren.

 

Eine einfache Feuerwaffe war die Hakenbüchse, sie tauchte im 14. Jahrhundert in Europa auf. Sie bestand aus einem Metallrohr mit Holzschaft. Sie waren hinten verschlossen und hatten ein Zündloch, mit dessen Hilfe das verdämmte Schwarzpulver gezündet werden konnte. Die Waffe wurde in der Regel auf Mauern aufgelegt und zum auffangen des Rückstoßes hatte sie einen Haken an der Unterseite, daher auch die Bezeichnung Hakenbüchse. Die Geschosse hatten ein Gewicht von etwa 250 bis 40 Gramm, die Reichweite lag bei etwa 150 Metern. Die Kugel und das Schwarzpulver wurden von der Mündung her in die Waffe eingebracht, daher gehören sie zu den sogenannten Vorderladern. Aus den Hakenbüchsen wurde in direkter Folge die Handbüchse entwickelt, bei der Handbüchse wurde eine neue Zündeinrichtung verwendet. Die Lunte befand sich an einem hakenförmigen Hebel, der mithilfe eines Abzugs betätigt wurde. So konnte der Schütze gleichzeitig zielen und feuern, das Gewehr war damit erfunden. Auch wenn der Haken an der Unterseite wegfiel, so blieb der Name Hakenbüchse wegen des hakenförmigen Hahns bestehen. Niederländisch wurde sie auch als Haakbus bezeichnet, woraus sich das französische Wort Arkebuse herleitete.



Die Entwicklung der Geschütze ging weiter und durch die Kunst des Metallgießens konnten auch größere Büchsen gefertigt werden. Sie waren schwer und unhandlich und einmal in Stellung gebracht, war ein schneller Stellungswechsel unmöglich. Sie zeichneten sich durch einen engen Pulverraum und ein großes Rohr auf. Durch den verengten Pulverraum und einem längeren Rohr konnte die Trefffähigkeit des Geschosses gesteigert werden. Die ital. Bezeichnung für Rohr lautet Canna, daraus entwickelte sich der Name Kanone. Die Riesengeschütze waren notwendig, weil die preiswerten Steinkugeln eine große Masse haben mussten, um Wirkung bei den Festungsmauern zu erzielen. Die Schussfolge war recht langsam, weil das Laden der Kanone eine schwere und langwierige Angelegenheit war. Und bis eine Mauer sturmreif geschossen war, brauchte es sehr vieler Schüsse. Das große Gewicht und die umständliche Ladeweise bei einer recht schlechten Wirkung führten dazu, dass die Kanonen nur ortsfest in Festungen zur Verteidigung oder bei einer Belagerung eingesetzt werden konnten. Im Dreißigjährigen Krieg brachten die Schweden erste leichte Geschütze in Stellung. Diese waren auf einem fahrbaren Schießgestell der Lafette montiert, damit war es endlich möglich die Kanone rasch und einfach zu bewegen. Das zweite Problem, was zu lösen war, ist die wechselnde Schussentfernung. Dies wurde dadurch gelöst, dass das Rohr in einer beweglichen Wiege montiert war, die durch ein einfaches Feststellen am Richthorn eingestellt wurde. Das dritte Problem war die Schussfolge, das Laden einer Kanone dauerte fast 15 Minuten und ein Überrennen der Feuerstellung durch feindliche Infanterie war leicht möglich. Abhilfe war da kaum möglich und konnte nur durch Erhöhen der Reichweite erreicht werden. Auch der Einsatz von Salvengeschützen sollte das Problem mindern, man versuchte die Infanterie, mit einem Hagel aus Geschossen einzudecken. Aber Grundproblem blieb bestehen lange bestehen. Erst 1864 konnte die erste große Verbesserung eingeführt werden, die Kanone C64. Hier kam das Prinzip des beweglichen Verschlusses zum Tragen, der Hinterlader war der Trumpf der preußischen Artillerie, endlich konnte die Schussfolge deutlich gesteigert werden. Eine weitere Neuerung war das Rohr mit Zügen und Feldern, diese Züge versetzen das Geschoss in Drehung (Drall) und die Flugbahn des Geschosses wird dadurch stabilisiert. Die Entwicklung der Gewehre brachte auch eine Veränderung in der infanteristischen Kampfweise, die Soldaten wurden nicht mehr in geordneten Linien, sondern vermehrt in aufgelockerter Ordnung eingesetzt. Dadurch verlor das bisher verwendete Vollgeschoss (die Kugel) seine Wirkung, Abhilfe schafften hier Sprenggeschosse, Schrapnelle (Splittergranaten) und Kartätschen. Kartätschen waren mit kleinen Stahlkugeln gefüllte Büchsen und wirkungsvoll gegen nahe Flächenziele, wie heranstürmende Kavallerie, das verwandelte eine Kanone in eine Art große Schrotflinte. Im weiteren Verlauf wurden die Feldkanonen weiter verbessert, so kamen neue Lafetten mit Rücklaufbremsen, die den Rücklauf der Lafette aufhob und das Geschütz in Schussposition hielt. Die Einführung von Patronengranaten, die ein schnelleres Laden ermöglichten. Die Waffen hatten in der Regel ein Kaliber unter 10 cm.

 

Für Belagerungen wurden Kanonen, Haubitzen und Mörser mit Kalibern über 10 cm und Geschossen, die mehr als 20 Pfund auf die Waage brachten, in Belagerungsparks vorgehalten. Der Erste Weltkrieg mit seinem Stellungskrieg brachte neue schwere Geschütze an die Front. Zu den bekanntesten gehörte die Dicke Bertha. Auch wurde hier das erste Mal mit einem Vorbereitungsschießen (Sturmreifschießen) bei Angriffsvorhaben im großen Stil begonnen. Des Weiteren wurden auch erstmals chemische Kampfstoffe mit der Artillerie verschossen und Artillerieduelle gehörten zum Alltag.



Der Zweite Weltkrieg mit seiner beweglichen Kriegsführung erforderte wieder einen Wandel bei der Artillerie. Der Einsatz von Zugkraftwagen erleichterte den schnellen Stellungswechsel und erlaubte ein rasches Nachführen der Geschütze. Auf den Zugkraftwagen konnte die Geschützbedienung mitfahren und für die Bereitschaftsmunition war auch noch Platz vorhanden. Im Laufe des Krieges wurde es immer notwendiger, das die Artillerie den Panzern und Panzergrenadieren folgen musste. Geschütze wurden auf gepanzerte Fahrgestelle aufgebaut und somit entstanden die ersten Selbstfahrlafetten. Bekannte waren die Wespe, Hummel und M7 Priest. Der Krieg war damit auch die Geburtsstunde der Panzerartillerie, dem alten Guderian sei Dank. Die Panzerartillerie bewährte sich an allen Fronten, sowohl beim Vormarsch als auch beim Rückzug. Als weitere neue Artillerietruppe erschien die Raketenartillerie auf dem Gefechtsfeld, ihre Waffensysteme waren die schweren Wurfkörper (Stuka zu Fuß) und Mehrfachraketenwerfer (Do- oder Nebelwerfer).



Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bei der Bundeswehr wieder Artillerieverbände aufgestellt. Anfangs auf amerikanisches Gerät angewiesen, wurde die Artillerie später auf die Bedürfnisse der Bundeswehr zugeschnitten. Auf Divisionsebene wurden neben den Feldgeschützen auch erstmals wieder Mehrfachraketenwerfer eingeführt. In den Brigaden gab es die bewegliche Panzerartillerie. Die Artillerietruppe verfügt über leistungsfähige Beobachtungs- und Aufklärungsmittel und setzt die modernsten Fernmeldemittel zur Feuerleitung und Führung ein.

 

Die einzelnen Artilleriewaffensysteme der Bundeswehr werde ich nach und nach auf dieser Homepage behandeln.