Die militärischen Lastkraftfahrzeuge der Folgegeneration
Die erste Generation der militärischen Lastkraftfahrzeuge der Bundeswehr setzte sich in der Regel aus geländegängigen Allradfahrzeugen zusammen, die ihren Dienst klaglos verrichteten. Aber das Alter geht auch an Kraftfahrzeugen nicht spurlos vorbei und der Dienstherr begann schon früh nach geeigneten Nachfolgern zu suchen. So wurde schon 1961 ein Aufruf an die Industrie gerichtet, Vorschläge für zukünftige Fahrzeugentwicklungen einzureichen. Die große Typenvielfalt an Kfz und deren logistischen Nachteile bei der Wehrmacht waren noch in frischer Erinnerung. Angestrebt waren 4 Fahrzeuggruppen nach Nutzlast getrennt.
- 0,25t bis 0,75t
- 1,5t bis 3,0t
- 4t bis 10t
- Über 10t
Und wie Dienstherrn nun mal sind, wurde mal wieder die eierlegende Wollmilchsau gesucht.
Ich möchte mich hier auf die 2. Gruppe beschränken.
Der Bedarf in dieser Kategorie wurde mit 62000 Lkw und mehre 1000 gepanzerte Radfahrzeuge veranschlagt. Die Hersteller Daimler Benz (DB), Deutz (KHD), Büssing, Henschel und MAN reichten dazu erste Entwürfe ein. Diese beschränkten sich erst einmal auf Datenblätter und grobe Fahrzeugskizzen. Ein sogenanntes Lastenheft gab es da noch nicht, es waren aber einige Punkte bekannt. So sollten die Fahrzeuge 2, 3 und 4 achsig sein, schwimmfähige sollten ebenfalls dabei sein. Gepanzerte Fahrzeuge sollten ebenfalls schwimmfähig sein. Aus der Vielzahl der Ideen und Vorschläge konnte sich das BWB nicht zu einem bestimmten Hersteller durchringen und förderte deshalb einen Zusammenschluss der Industrie in einem Gemeinschaftsbüro (GB) zum Zweck einer völligen Neukonstruktion. Das BWB favorisierte eine Gruppe um MAN und KHD, weil es auf luftgekühlte Motoren setzte und diese Kombination versprach die besten Resultate. Und bis auf DB und Hanomag traten die anderen Hersteller diesem GB bei. 1964 wurde dann endlich vom BWB ein Lastenheft präsentiert. Danach sollten die Fahrzeuge u. A. folgende Punkte erfüllen:
- Weitestgehend handelsübliche Fahrzeuge, auch in einzelnen Baugruppen
- Grundsätzliche Fahrzeugfamilien
- Vielseitig verwendbar
- Den Straßenverkehrsrecht entsprechen
- Einfach und robust sein
- Uneingeschränkt geländegängig sein
- Luftgekühlte Motoren haben
- Die Fahrerhäuser sollten aus Stahl und ABC dicht sein
- Das Transitlademaß einhalten
Die einzelnen Fahrzeuge sollten folgende Optionen bieten.
Der 4t mit 2 Achsen und Pritsche, Schwimmpritsche, Koffer oder Feuerlöschaufbau.
Der 7t mit 3 Achsen und Pritsche, Schwimmpritsche, Kipper, Sattelzugmaschine, Brückentransporter oder Feuerlöschaufbau.
Der 10t mit 4 Achsen und Pritsche, Schwimmpritsche, Kipper oder Sattelzugmaschine.
Bei den Schwimmfahrzeugen wurden 80 % der Nutzlast gegenüber den Nichtschwimmern angestrebt.
Man sieht schon bei diesen wenigen Punkten, das es doch ziemlich heftig war, was von den neuen Fahrzeugen gefordert wurde. Im Rahmen des GB wurden die Aufgaben für Planung, Entwicklung und Bau aufgeteilt.
- MAN: Fahrwerk, Achsen, Bremsen Elektrik aller Fahrzeuge und Lkw Rahmen
- KHD: Motor, Schalt- ,Verteilergetriebe und Lkw-Fahrerhaus
- Rheinstahl-Henschel: gepanzerte Fahrzeuge 4 x 4 Einzelradanlenkung der gepanzerten Fahrzeuge
- Krupp: Aufbauten der ungepanzerten Schwimmfahrzeuge, Schwimmantrieb bei gepanzerten und ungepanzerten Fahrzeugen.
- Büssing: Gepanzerte Fahrzeuge 6 x 6 und 8 x 8
1968 lieferte das GB die ersten Prototypen an die Wehrtechnische Dienststelle 41(WTD 41) in Trier. 1969 folgte DB mit seinen Prototypen.
Bei der Erprobung traten natürlich einige Fehler auf und es wurde unermüdlich an deren Beseitigung gearbeitet. Auch bei den Herstellern tat sich etwas, so verschwanden einige Marken vollständig von der Bildfläche und andere schlossen sich zusammen. So gab es 1970 im Prinzip nur noch drei Hersteller von Format. So DB, MAN und KHD dies änderte auch die Aufgaben und Sitze im GB. 1971 wurde dann vom BWB entschieden, dass die ungepanzerten Fahrzeuge nach dem MAN und KHD Prinzip mit luftgekühlten Motoren gebaut werden sollen. Die Gepanzerten dagegen nach dem DB Prinzip mit wassergekühlten Motoren.
1972 wurde dann auf einer Reihe folgende Punkte aus dem Lastenheft verzichtet:
Schwimmfähigkeit der ungepanzerten Lkw, Vielstofffähigkeit der Motoren, ABC-Schutz und andere Punkte.
Andere Punkte wurden neu definiert. So wurde die Nutzlast des 4t auf 5t erhöht. Die Ladeflächenhöhe wurde auf 1650 mm festgesetzt, nachdem eine niedrigere nicht erfüllt werden konnte. Als Reifen kamen jetzt 14.00 R 20 statt Niederdruckreifen.
1974 wurde dann eine 4. Prototypen Reihe an die WTD 41 geliefert. Diese Reihe entsprach dann fast schon der Serie.
Die Serienfahrzeuge verfügen über einen KHD V8 Motor F8L 413 (Saugdiesel) beim 5t Lkw und einen KHD V8 Motor BF8L 413 (Turbodiesel) bei 7t und 10t Lkw. Eine Wandler-Schalt-Kupplung (WSK) vom Typ WSK 370 + S6-65 bzw. WSK 400 + S6-90.
Die Rahmen sind verwindungssteif ausgeführt, die Außenplanetenachsen werden von 2 Längs- und 1 Dreieckslenker geführt. Die Federung übernehmen Schraubenfedern, die Dämpfung wird durch Stoßdämpfer erbracht. Das Führerhaus ist auf Grund des ersten Lastenheftes in Ganzstahlbauweise (ABC-Schutz) und Rahmenfest (Schwimmfähigkeit) montiert. Die Scheiben sind vertikal eingesetzt um Reflexionen zu minimieren und um sie mit Tüchern leicht verdecken zu können. Die Windschutzscheibe ist aus Gründen der Instandsetzung geteilt. Die oberen Kanten des Führerhauses sind abgeschrägt um das Transitlademaß einzuhalten, aus dem gleichen Grund sind die Planenspriegel rund ausgeführt. Das Reserverad befindet sich rechts am Fahrerhaus, der Tank bildet den rechten unteren Abschluss des Fahrerhauses. Links am Fahrerhaus befindet sich die Wartungsöffnung zum Motorraum, links unten befindet sich der Batterieraum. Um Arbeiten am Motor besser durchführen zu können, können Klappen auf dem Dach und nach Abnahme des Reserverades an der rechten Seite der Hütte geöffnet werden. Bei größeren Arbeiten kann die Vorderwand der Pritsche leicht demontiert werden um auch einen Zugang zum Motor von hinten zu erleichtern. Alle Fahrzeuge verfügen über eine Eberspächer Standheizung, die Heizung wird aus dem Dieseltank des Fahrzeugs mit Kraftstoff versorgt. Die meisten Fahrzeuge besitzen eine Trommelseilwinde von Rotzler zur Selbstbergung. Ausgeführt ist sie als hydraulische Seitenbauwinde und sitzt auf der rechten Seite des Rahmens. Alle Fahrzeuge besitzen eine große runde Dachluke und sind zur Aufnahme einer Drehringlafette vorbereitet. Das Fahrerhaus bietet 3 Personen Platz. Die Rückenlehne der Beifahrersitzbank kann hochgeklappt werden und so kann auf dem Boden, den Sitz und eben der Rückenlehne die dreiköpfige Besatzung im Fahrzeug ruhen. Es ist zwar etwas Eng und Unbequem aber immer noch besser als in der feuchten Doppelzelle, namens Dackelgarage.
In weiteren Beiträgen, werde ich dann näher auf die einzelnen Fahrzeuge eingehen. Dann auch mit optischer Untermalung.